Donnerstag, 19. Dezember 2013

Am Atlantik - Von der Pflicht zur Kür

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Während der vergangenen zwei Tage mußte Angie eine Reihe von Dinge erledigen. Um mobil zu sein, mieteten wir ein Auto. Ein kleines Auto nur, das einen problemlos von A nach B bringt. Die Autovermietung war Teil eines größeren Autohauses. Als wir das Auto abholten, stand ein Kunde VOR uns, der gerade sein Auto zur Reparatur gebracht hatte. Das Autohaus bot ihm für die Dauer der Reparatur großzügig ein besonderes Schmankerl als Ersatz an: einen feuerroten Mustang Cabriolet. Der Herr wollte aber den rassigen Mustang nicht, sondern lieber ein kleines Auto. Angie ließ sich diese Gelegenheit natürlich nicht entgehen und rief dem Mitarbeiter schnell zu: "I take it". Seine Antwort: "You got it." Und ... she got it. Ein Geschoß mit angeblich 8 Zylindern. Einer von Angies Leitsätzen lautet: "Das wichtigste an einem Auto ist die Hupe." Glück auf!


Nach zwei erholsamen Tagen bei Freunden nahmen wir heute zuerst Abschied vom Mustang und danach die letzten 35 Kilometer zur Atlantikküste in Angriff. Zunächst war es noch ziemlich frisch, aber tagsüber kletterten die Temperaturen auf etwas über 20 Grad Celsius. Erster Zwischenstopp war ein IHOP-Restaurant zum Zwecke eines ausgedehnten zweiten Frühstücks. IHOP ist die Abkürzung für "International House of Pancake", meine Lieblingsspeise in den USA. IHOPs Markenzeichen sind diverse Sirup-Geschmacksrichtungen, erkennbar an den unterschiedlichenb Farben. YEAH!!!! Ich mußte mich zwingen, Kaffee anstatt Sirup in die Tasse zu gießen.


Nächster Zwischenstopp auf dem Weg zur Atlantikküste war St. Augustine, mit 500 Jahren die älteste von Europäern gegründete und durchgehend besiedelte Stadt in den USA. In St. Augustine gibt es eine Shopping-Meile mit vielen hübschen Geschäften, an denen Angie natürlich unmöglich einfach vorbeiradeln kann. Jetzt weiß ich, wie 35 Kilometer zu einer Tagestour werden können.



Aber irgendwann hatte sich Angie dann doch durch die zahllosen Kleider- und Schmuckläden durchgearbeitet, ihre Ausbeute in den Packtaschen verstaut - und 30 Minuten später standen wir an der Atlantik-Küste. Seit unserem Start in Los Angeles haben wir 5.176 Kilometer zurückgelegt und 8 Bundesstaaten von West nach Ost durchquert: Kalifornien, Arizona, New Mexiko, Texas, Louisiana, Mississippi, Alabama und Florida. Diese Reise bescherte uns bislang Temperaturen von +49 bis -7 Grad Celsius, führte uns über Berge, durch Wüsten, Sümpfe und Dschungel und entlang der traumhafte Küste des Golfes von Mexiko. Wir fuhren unter gleißender Sonne und im strömenden Regen, wir erstickten im Lärm der Interstate 10 und atmeten die Stille der texanischen "high desert", wir kämpften im "no country for old men" gegen den Wind und die nicht enden wollenden Hügel, genossen aber gleichzeitig die spröde Einsamkeit dieses unbarmherzigen Landstriches entlang der mexikanischen Grenze, wir radelten mit der Faust im Nacken und voller Panik auf dichtbefahrenen Straßen ohne Seitenstreifen und dann wieder verloren und vergessen auf einsamen Highways im Nirgendwo, wir überquerten den Colorado River, den Rio Grande und schließlich den Mississippi River. 


Die heutige Ankunft an der Anastasia Beach besiegelte Angies zweite und meine vierte USA-Durchquerung. In den letzten 8 Jahren war ich mehr als 16 Monate in den USA unterwegs und habe dabei mehr als 30.000 Kilometer auf dem Rad zurückgelegt. ABER! Bevor dieser Sermon zum Fazit wird: Noch sind wir aber nicht am Ziel dieser Reise, wenngleich der große Brocken und der wichtigste Meilenstein "Vom Pazifik zum Atlantik" geschafft ist. Das Erreichen der Atlantik-Küste war die Pflicht. Jetzt folgt die Kür, deren (vorläufiges) Ziel Key West ist. Vorläufig, weil ich schon wieder ein paar Ideen habe :-) Bis Key West sind es noch rund 900 Kilometer, die wir nun in aller Gemütlichkeit angehen werden. Radeln über Weihnachten und Neujahr? Warum nicht.


4 Kommentare:

  1. Bravo Bravissimo

    Ihr habt's geschafft
    LG JoeB

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  2. Sauber.... da legst dich nieder....oder wie sagt der Bayer, wenn er von was beeindruckt ist?
    Darauf einen Glühwein, trink ich morgen mit Be auf Euch.

    LG
    Eule

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  3. Glückwunsch an Euch beiden! Wenn ich einen Hut hätte, würde ich ihn jetzt ziehen. ;-)

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  4. Das letzte Mal war aber der Strand von Anastasia Beach auch weißer !
    Hat jemand Glühwein verschüttet?

    Radl-Be

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